Kurt Beck oder möge die Nacht mir mir sein

Bei SPD-Parteitagen ist auf zwei Dinge immer Verlass: Sie neigen zu einer gewissen Eigendynamik und bringen erstaunliche Beschlüsse hervor.
Dabei sind die Parteiprogramme, die auf diesen Parteitagen beschlossen werden genau so geduldig wie das Papier auf dem sie gedruckt werden. Das ist die gute Nachricht. Das schönste an den SPD-Parteitagen ist immer der Parteiabend. Dann treffen sich alle, um gemeinsam so richtig die Sau raus zu lassen.

Bei den Konservativen genießen Sozialdemokratinnen deshalb immer den Ruf besonders „zugänglich“ und „offen“ zu sein. Das sind natürlich nur die Fantasien von Konservativen, die ja oft konservativ sind, weil sie früh aufs kalte Töpfchen gesetzt wurden, während sich spätere Sozialdemokraten noch lange wohlig in ihren Windeln suhlen durften.  Das hat Auswirkungen auf die Parteitage.

Bei der CDU wirkt jeder Parteitag so genau choreografiert, dass man meinen könnte, die Delegierten hätten Handheben-Ballettunterricht gehabt. Überraschungen gibt es selten. Das war jedenfalls bei Helmut Kohl so, da er jeden Ortsvereinsvorsitzenden persönlich einzunorden pflegte.

Gut, Angela Merkel hatte damals in ihrem offenen Brief seine Rückzug gefordert. Die ganze konservative Welt hielt den Atem an und wartete auf das Angie-Schlachtfest. Aber nix da –sie hat ihn beerbt!

Das klappt auch schon mal beinahe bei der CSU – Gabriele Pauli hat da den Parteitag gut angeheizt. Richtig gruselig fand ich Ihren Zuruf an Günther Beckstein, dass sie mit ihm eine gemeinsame Vergangenheit hätte. Wie meinte sie das nur? In den achtziger Jahren pflegte wir in Jugendcliquen zu fragen: Meinst du das politisch oder sexuell? In Paulis Fall wäre diese Frage wohl angemessen gewesen.

Bei den Grünen sind Parteitage von einer Eigendynamik, die wiederum gar keine Organisation vermuten lassen. Besonders originell sind die immer wieder gerne genommenen stillenden und strickenden Menschen. Wenn dann noch ganz gewaltfrei ein Farbbeutel gegen Joschka Fischers Haupt geworfen wird, fragt man sich schon, ob da alle in der richtigen Partei sind.

Die NPD wäre vielleicht für manchen der richtigere Ort, da sie für ihre entspannte Haltung zur Gewalt bekannt ist.

Die NPD soll ja Eva Hermann umworben haben – sie sollte die Frauenorganisation aufbauen und führen. Man fand vor allem ihren Namen gleich zweimal sehr passend.

Dann wurde sie aber doch abgelehnt – sie hat nicht genug Kinder.

Aber zur SPD. Was habe Parteitage schon für Blüten getrieben. Denken wir an 1995 in Mannheim, als Lafontaine Rudolf Scharping vom Vorsitz wegfegte. Zum Dank hat er 1999  die SPD fallen gelassen wie ein benutztes Taschentuch und versucht sie jetzt ganz zu beseitigen, in dem er ihr Koalitionsangebote macht.

Aber diesmal ist in Hamburg personell ja alles gut gegangen – es gibt nicht mehr unzählige sondern nur noch zwei stellvertretende Parteivorsitzende. Das muss auch reichen – so viele Attentate kann es hoffentlich nicht geben und Kurt Beck ist ja ein Netter.

Obwohl ich natürlich naturgemäß den Konservativen näher stehe (da sehen die Männer tendenziell besser aus – das muss ich einfach einmal klar sagen, denn ich bin nicht nur Mensch sondern auch Frau).

Aber Kurt Beck sieht zwar aus wie ein Hamster auf Speed - ist aber ein netter Kerl.

Was ihn in der SPD im Vorsitz halten wird ist vor allem der gemeinsame Parteigedanke, dass es außer ihm keiner machen will.

Es ist natürlich ein großes Privileg, die Uhr von August Bebel bei sich tragen zu dürfen, aber es geht genauso hartnäckig das Gerücht, dass sie längst verloren gegangen ist. Falls es also diese Taschenuhr geben sollte, hat sie wahrscheinlich inzwischen den Aufdruck: Made in China und enthält so viel Blei, dass die jeweiligen Vorsitzenden schwere Beine bekommen.

Aber nachdem der Parteivorsitz eine Zeitlang gewechselt hat wie eine sprichwörtlich heiße Kartoffel bürgt Kurt Beck für Kontinuität, was man ihm schon per se zugute halten muss.

Er blüht ja auf im Kreise von lieben Menschen – das konnte er beim Parteiabend wie immer herzlich und unermüdlich unter Beweis stellen.

Nach allen Umfragen bleibt Angela Merkel zwar für immer Bundeskanzlerin, aber Kurt Beck ist unser König der Herzen.

Mit der Verlängerung des Arbeitslosengeld I - Bezuges hätte die SPD die nächsten Wahlen gewinnen  können. Das wurde mit dem Beschluss zur Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 km/h erfolgreich verhindert.

Also lieber Kurt Beck. Genießen Sie solange die Wärme Ihrer Partei – möge die Nacht mit Ihnen sein!

 

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