Aus: Die fromme Helene

 

Es ist ein Brauch von alters her:

Wer Sorgen hat, hat auch Likör. 

„Nein!“ ruft Helene

„Aber nun will Ich’s auch ganz und ganz

und ganz und ganz gewiss nicht wieder tun!“ 

Sie kniet von ferne fromm und frisch

Die Flasche stehet auf dem Tisch.

Es lässt sich knien auch ohne Pult.

Die Flasche wartet mit Geduld. 

Man liest nicht gerne weit vom Licht

Die Flasche glänzt und rührt sich nicht. 

Oft liest man mehr als wie genug

Die Flasche ist kein Liederbuch. 

Gefährlich ist des Freundes Nähe,

O Lene, Lene! Wehe, Wehe! 

Oh sieh! – Im sel’gen Nachtgewande

Erscheint die jüngstverstorbene Tante. 

Mit geisterhaftem Schmerzgetöne –

„Helene!“ ruft sie „O Helene!“ 

Umsonst! Es fällt die Lampe um,

Gefüllt mit dem Petroleum. 

Und hilflos und mit Angstgewimmer

Verkohlt dies fromme Frauenzimmer.

 

Hier sieht man ihre Trümmer rauchen

Der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen

 

(Wilhelm Busch)

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