Die Antike (Auszug)
wie reich an schönen Frauenzimmern
Gewesen sein muss die Antike:
Sei’s nun Athene oder Nike,
Sei’s was man mit Erstaunen sieht,
ein reizender Hermaphrodit,
Oft fehlt der Kopf zwar den Gestalten –
Worauf es ankommt, blieb erhalten.
Es bleibt nun dahin gestellt,
Ob damals, in der alten Welt,
Vor nahezu dreitausend Jahren,
Die Weiber wirklich schöner waren
Sowohl persönlich als auch rassisch,
Mit einem Worte: einfach klassisch –
Ob nicht vielmehr die armen Griechen
Beim Anblick der lebendigen Schiechen
Sich flüchteten in ihrer Qual
Ins steingewordene Ideal –
Wir Armen jedenfalls sehnen
Uns nach dem Glücke der Hellenen.
Eh Aristophanes, der Spötter,
Herunterriss die lieben Götter,
Gab’s auch in Hellas weit und breit
Die schöne gute alte Zeit.
Nun, man erzählt wohl nicht viel Neus’
Berichtet man von Vater Zeus,
Wie der die Hera hat betrogen
Und wie er überall rumgezogen.
Für einen Gott war’s keine Kunst
Zu kommen in der Weiber Gunst.
In ausgewählter Garderobe
Stellt’ er die Tugend auf die Probe:
Die Danae wurde flugs im hold,
Als in den Schoß er fiel als Gold.
Was heutzutag im Korb der Hahn,
War er bei Leda leicht als Schwan.
Zur Io kam er erst in Wolken,
dann hat er sie als Kuh gemolken.
Doch Hera hat bei Tag und Nacht
Mit Argusaugen ihn bewacht,
und wenn dann nichts mehr half mit Blitzen,
ließ er die Kühe schnöde sitzen
Und irgendwo verlassen kalben
Mit ganzen Göttern oder halben.
Wer glaubt wohl, dass Europa gar
Ursprünglich eine Jungfrau war?
Es gab der Viechskerl Zeus sich hier
Tatsächlich als ein echter Stier,
Entführte sie auf seinem Rücken,
Um sich dann später feig zu drücken,
so dass dies gottverlassene Land
Europa seitdem wird genannt.
(Eugen Roth)